Yoga Begriffe
In dieser Reihe besprechen wir elementare Begriffe und Konzepte aus der Yoga Philosophie, die oft für Verwirrung und Unsicherheit sorgen.
Gibt es einen Begriff zu dem du Fragen hast, schreib mir dazu gerne in den Kommentaren.
In Meditationen ist oft von Sushumna, dem zentralen Kanal oder den Chakren die Rede. Speziell um die Chakren gibt es viel Verwirrung, aber in diesem Artikel möchte ich das Konzept des zentralen Kanals vorstellen.
Speziell in der Shaiva-Tantra Philosophie gibt es das Konzept von Shiva und Shakti, wobei Shiva reines Bewusstsein ist und Shakti seine manifestierte Form.
Wenn also das göttliche Bewusstsein sich manifestiert wird es zu Shakti oder auch Prana-Shakti. Prana-Shakti können wir mit Lebensenergie übersetzen. Sie macht Leben erst möglich, und fließt in allen Lebensformen dieser Erde: von der Amöbe bis zum Wal.
In der yogischen Theorie ist Prana das lebensgebende Element und Prana fließt als Energie in allen Ökosystemen. Alle Lebewesen besitzen demnach Nadis oder Leitbahnen / Kanäle, in denen dieses Prana-Shakti fließen kann. Manche dieser Kanäle verbinden uns sogar mit den Kanälen anderer Lebewesen und bilden so das große Netz des Lebens.
Die bedeutendste Leitbahn in uns Menschen ist der zentrale Kanal, er wird entweder
genannt. Alle anderen Nadis sind mit ihm verbunden.
Die Verbindungspunkte der anderen Nadis mit dem zentralen Kanal werden Chakras genannt. Obwohl die alten Yogis noch keine genauen Kenntnisse der Neurologie hatten, erahnten sie schon, dass entlang dieses Kanals unsere kognitiven Prozesse stattfinden, der zentrale Kanal ist also die Energie-Variante des Rückenmarks, aber nicht mit letzterem gleichzusetzen.
Die alten Yogis bemerkten, dass alle emotionalen und energetischen Erfahrungen entlang der zentralen Achse des Körpers stattfanden, vom Beckenboden aus bis zum Scheitel.
Alle wichtigen Erfahrungen und Ereignisse finden entlang des zentralen Kanals statt:
Der zentrale Kanal ist weniger ein Konzept als eine Erfahrung, die jeder machen kann. Die Energie des zentralen Kanals ist weniger emotional, sondern mehr wie das Bewusstsein unserer fundamentalen Essenz. Daher kann es am Anfang schwierig sein, den Kanal zu erfahren. Er existiert auf einem tieferen Level als unsere mentalen Emotionen. Er ist der Kern unseres feinstofflichen Körpers.
Der zentrale Kanal ist der Sitz unserer Essenz und daher ist es im Yoga eine so wichtige Übung, Aufmerksamkeit und Empfindung zu diesem Kanal zu bringen.
Übungen, die sich mit dem zentralen Kanal befassen, sind heute genauso effektiv wie damals. Ziel ist es immer, das Prana frei fließen zu lassen. Wenn es gelingt, das Prana im zentralen Kanal nachhaltig strömen zu lassen, dann kann dies manchen Traditionen zufolge zur Selbsterkenntnis - dem höchsten Ziel des Yogis - führen. Daher gibt es zahlreiche Meditationen und Yoga Techniken, die den zentralen Kanal beinhalten.
In der Yoga Theorie fließt Prana während normaler Bewußtseinszustände hauptsächlich in den beiden Nebenkanälen: Ida und Pingala. Ruht man allerdings im Zustand natürlicher Präsenz, so fließt Prana hauptsächlich im zentralen Kanal. Neben diesen drei großen Nadis gibt es noch unzählige weitere Nadis. In der Hatha Yoga Pradipika ist von 72.000, in der Shiva Samhita sogar von 350.000 die Rede.
Oft werden Nadis auch mit den Meridianen aus der chinesischen Medizin verglichen.
Nachfolgend eine kurze Meditation, um Kontakt mit dem zentralen Kanal aufzunehmen. Lies dir den Text kurz durch und schließe danach einfach die Augen. Versuche den zentralen Kanal zu visualisieren. Gib dir ein paar Minuten dafür Zeit.
Nimm einen bequemen Sitz ein und bring deine Aufmerksamkeit zum zentralen Kanal. Stell ihn dir einfach vor. Fühl die feine Energielinie zwischen deinem Scheitel und deinem Beckenboden. Stell dir eine Säule aus goldenem Licht entlang dieser Achse vor. Bei jeder Einatmung dehnt sich die Lichtsäule leicht aus und bei jeder Ausatmung zieht sie sich leicht zusammen. Bleibe mit deiner Aufmerksamkeit bei dieser Säule aus Licht und dem leichten Pulsieren im Atemrythmus.
Dein Kiefer ist entspannt.
Wenn du etwas gespürt ist, gut. Wenn nicht, dann ist das erstmal ganz normal. Es kann auch sein, dass du die Energielinie nur in gewissen Teilen deines Körpers spürst und in anderen Teilen ist sie ausgeblendet. Auch das ist ganz normal.Löse deinen Fokus. Ruhe in dir und sei du.
Übe diese Meditation bis sie sich stabil, klar, lebhaft und Freude gebend anfühlt.
Quelle:
Tantrika Institute, Foundations of Tantrik Yoga. Ein Online Kurs von Christopher Wallis.
https://courses.tantrikainstitute.org/courses/
(Teilnahme September 2020)
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